Mittwoch, 21. Dezember 2016

Website Kunsthaus Dahlem in Leichter Sprache

Zum Jahresende freuen wir uns über die Freischaltung unserer Website in Leichter Sprache – ein weiterer Schritt, das Kunsthaus barrierefrei zu gestalten und es so noch mehr Menschen zugänglich zu machen!

Leichte Sprache ist nicht nur ein wichtiges Kommunikationsmittel für Menschen mit kognitiven Einschränkungen sondern auch für Kinder, ältere Menschen und Menschen mit geringen Deutschkenntnissen sinnvoll.

Alle wesentlichen Inhalte wurden vom Büro capito Berlin – Büro für barrierefreie Information in Leichte Sprache übersetzt, geprüft und nun freigegeben (http://www.capito-berlin.eu).



Dienstag, 20. Dezember 2016

Französische Schüler lernen das Kunsthaus kennen

Die Zusammenarbeit mit Schulklassen ist eine Aufgabe, die uns sehr am Herzen liegt – was auch ein Grund dafür ist, dass alle Schüler freien Eintritt in das Kunsthaus bekommen. Was haben wir bei unserem letzten Projekt gemacht und warum könnte eine Führung von Interesse für Ihre Schüler sein? Das erfahren Sie hier.

Am Mittwoch, den 14. Dezember hat uns die Abibac-Klasse* vom Lycée Clémenceau aus Montpellier besucht. Jedes Jahr organisieren die Abibac-Lehrer eine Reise nach Berlin mit ihren Schülern der 13. Klasse. Dadurch können sie wichtige Orte der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts besichtigen, wie z.B die East Side Gallery, das Brandenburger Tor oder das Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen. Anfang Oktober habe ich also Frau Helmreich, die deutsch-französische Geschichtslehrerin des Gymnasiums und eine der Organisatorinnen kontaktiert, um sie mit ihren Schülern ins Kunsthaus einzuladen. Sie war sehr begeistert und ein paar Wochen später stand die Führung auf dem Programm der Reise im Jahr 2016.

Bei der Führung des Kunsthauses wurden zahlreiche Themen erwähnt: Die Durchsetzung der NS-Kunst zwischen 1933 und 1945, das Beispiel Arno Brekers als Staatskünstler und die Geschichte seines Ateliers sowie die Rehabilitierung der sogenannten ‚entarteten’ Kunst nach dem zweiten Weltkrieg und die damit verbundene Auseinandersetzung um eine neue Kunstrichtung.  In diesem Rahmen wurden Werke von Marcks, Grzimek, Seitz, Uhlmann, Heiliger und Stomps vorgestellt. Danach haben die Schüler noch die Gelegenheit gehabt, sich das Brücke-Museum anzuschauen und dadurch eine von den Nationalsozialisten verfolgte und nach dem Krieg rehabilitierte Kunstbewegung kennen zu lernen, was zu den Themen der Führung im Kunsthaus natürlich gut passt.

So wird schon klar, warum ein Besuch des Kunsthauses für junge Schüler relevant ist: Die bewegte Geschichte des Gebäudes ermöglicht ihnen, mehr über die Geschichte Deutschlands von 1933-1945 zu lernen und die nationalsozialistische Architektur- und Kulturpolitik besser zu verstehen. Die Skulpturen der Ausstellungen spiegeln die politischen Spannungen dieser Zeit wider und illustrieren ganz deutlich die enge Verbindung zwischen Kunst und Politik.

Sie sind Lehrer/in oder Schulleiter/in und wir haben Ihr Interesse geweckt? Dann können Sie uns gerne per Email oder Telefon kontaktieren, wir würden uns sehr freuen, eine Führung mit Ihnen zu organisieren!


* Sogenannte Abibac-Klassen gibt es in Frankreich und in Deutschland und sie bieten Gymnasiumsschülern die Möglichkeit, sowohl das französische als auch das deutsche Abitur zu bekommen – dafür lernen sie die Geschichte beider Länder in der Fremdsprache und setzen sich mit der Literatur des Partnerlandes auseinander

Mittwoch, 30. November 2016

Tanzproduktion MORPHING LINES im Kunsthaus Dahlem



Wer am Wochenende das Kunsthaus Dahlem besucht hat, kam sehr wahrscheinlich in den Genuss einer der drei großartigen Tanzaufführungen von Morphing Lines. Warum dieses Projekt unser Interesse, sowie das von vielen Besuchern geweckt hat - die drei ersten Vorstellungen waren am Freitag schon ausverkauft - und wie es im Kunsthaus verwirklicht wurde, erfahren Sie hier!

Im heutigen politischen Kontext erweist sich das Thema "Grenzen" als aktueller denn je. Wie kann man reale, aber auch innere Grenzen überwinden, das Verhältnis zum Anderen wiederfinden und dadurch die Grundlagen einer friedlichen Gemeinschaft schaffen? 
Das sind exemplarische Fragen, die sich die Choreografin Nadja Raszewski in dieser Arbeit stellt und zu beantworten versucht. Der
Stil der acht Tänzer der TanzTangente stellt hierbei eine besonders herausragende Bewegungsästhetik dar, die von verschiedenen Tanzströmungen beeinflusst wurde. Durch die von Michael Gould komponierte und während der Aufführung gespielte Musik gewinnen die Bewegungen noch mehr an Tiefe und Schönheit.

Bei der Verwirklichung dieses Projekts im Kunsthaus Dahlem war es von zentraler Bedeutung, dass die Tänzer sich an diesen ganz speziellen Raum anpassen und die Bühne mit den wertvollen Skulpturen der Nachkriegsmoderne teilen. Diese Herausforderung haben sie gemeistert: Die Architektur und die Kunstwerke des Kunsthauses wurden nicht ignoriert, sondern in die Tanzästhetik integriert. Die Tänzer kommen von allen Seiten des Raumes, tanzen auf den Treppen oder verstecken sich hinter den Skulpturen. Sie nutzen diese als Basis ihrer Bewegungen - dadurch interagieren sie mit diesem spezifischen Umfeld und verwandeln das Kunsthaus in einen Tanzpartner.

Sie haben den Termin verpasst und waren am Wochenende nicht
dabei? Keine Sorge, es geht am 01., 02. und 03. Dezember
jeweils um 19 Uhr weiter! 
Reservierungen unter info@tanztangente.de

Wir freuen uns auf Sie!
Text: Alice de Tourdonnet
Fotos: Christina Haufe

Montag, 21. November 2016

Neue Praktikantin im Kunsthaus Dahlem

Montpellier, Place de la Comédie, Photo: flickr


Seit Oktober gibt es eine neue Praktikantin im Kunsthaus Dahlem, das bin ich. Ich heisse Alice und komme aus Montpellier, in Südfrankreich. 

Als Studentin der Politikwissenschaft in einem deutsch-französischen Studiengang absolviere ich mein sechsmonatiges Praktikum im Kunsthaus Dahlem, um mich später auf den kulturellen Bereich zu spezialisieren. 
Mein Ziel während dieser sechs Monate ist es, neue Projekte ins Leben zu rufen sowie zur Organisation von kulturellen Veranstaltungen beizutragen. Auf diesem Blog werde ich ab und zu Informationen über meine Projekte sowie Artikel über das Kunsthaus posten. 
Ich freue mich schon auf Ihren Besuch des Kunsthauses und Ihre Teilnahme an unseren kulturellen Veranstaltungen ! 

A bientôt, Alice

Sonntag, 17. Juli 2016

Die Josef Hegenbarth –Stiftung


Um das Können des Künstlers Josef Hegenbarth festzumachen, braucht es nur wenige Blicke auf seine feinen Pinselstriche und lebendigen Farben, auf seine Themen- und Motivwahl. Ein guter Künstler, eine Ausnahmeerscheinung, ein Zeichner, der malt, ein Maler, der zeichnet. Einer, der sich nicht von den Strömungen seiner Zeit verwirren ließ, sich gar einem der Ismen des nachkriegsgebeutelten Deutschlands unterordnete, wie sein Biograf Fritz Löffler so schön sagt.

Um die Lebensstationen Josef Hegenbarths sieht es bunter aus: Angefangen als Student an der Kunstakademie Dresden, war er ab Ende der 1920er bis Ende der 1930er Jahre Mitglied der Wiener sowie Prager Secession, bekam eine Professur an der Hochschule für Bildende Künste Dresden verliehen. Daneben mögen diverse Beteiligungen wie die Jurymitgliedschaft an der Dresdener Künstlervereinigung, Teilnahmen an Ausstellungen des Deutschen Künstlerbundes oder der Erhalt des Nationalpreises der DDR fast nebensächlich erscheinen.

Ja, Josef Hegenbarth hat durch seine unzähligen Tätigkeiten die klassische Moderne in Deutschland geprägt. Vor allem aber durch seine Kunst, die von allem etwas zu sein scheint: Irgendwie ein bisschen Landschaftsmalerei, irgendwie ein wenig Stillleben und irgendwie dazwischen Porträtdarstellungen. Irgendwie ganz schön toll.

Als einen Jongleur des Lebens beschreibt ihn die posthum gegründete Familienstiftung Herr Hegenbarth mit Sitz in Berlin. Sie trägt seinen Namen und trägt insbesondere Herrn Hegenbarths Werk weiterhin hinaus in die Öffentlichkeit. Denn in Berlin ist er noch nicht ganz so bekannt. Noch. Es ist die Herzensangelegenheit der privaten Stiftung, Aufklärung zu betreiben und den großen Bestand an Handzeichnungen und Mappenwerken, Gemälden und Radierungen interessierten Kunstfreunden vorzustellen. „Die ganze Welt kommt nach Berlin – dies ist ein guter Ort, den Künstler dem Publikum zu präsentieren“, meint Programmleiterin Karin Barth zur Ortswahl des Hauses.

Dass die Stiftung aber schlussendlich in Berlin - und nicht etwa in Hegenbarths Wahlheimat Dresden, wo er schließlich fünfzig Jahre ansässig war und auch eine künstlerische Lokalgröße ist – landete, hat private Gründe. Zuvor wurden die vielen Werke nämlich in Süddeutschland zusammengetragen, bevor ein Umzug vor zwanzig Jahren den Schwerpunkt des Sammlerehepaars Christopher und Jutta Breu nach Berlin verlagerte.

Nun befindet sich die Hegenbarth Sammlung als „Ort der Muße im Herzen Berlins“, wie die Stiftung ihre Lage in Spaziernähe zum Kurfürstendamm, zur Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und zum KaDeWe selbst beschreibt.
Zwischen Einkaufstüten und hektischem Treiben lädt Herr Hegenbarth für einen Moment des sich Vergessens zwischen intensiven Aquarellen und filigranen Pinselzeichnungen ein.

Ab Anfang September sind ausgewählte Werke Josef Hegenbarths auch im Kunsthaus Dahlem zu sehen.
Neben den Graphiken Hegenbarths zeigt die Ausstellung "Prolog" mit zahlreichen bislang unbekannten Dokumentationsfotos und Kunstwerken die einflussreichste private Kunst-Vereinigung "Prolog" von Künstlern, Kunsthistorikern und Kunstfreunden der späten 1940er Jahre.
Eröffnung ist am 08. September 2016, 19h. Wir freuen uns auf Sie!
(Bildquelle:  Josef Hegenbarth in seinem Atelier, S. 91, aus dem Katalog „Josef Hegenbarths Palette. Facetten eines Lebenswerkes“, Berlin, 2015, Herausgeber: Jutta und Christopher Bräu)

Hegenbarth Sammlung Berlin
Nürnberger Straße 49
10789 Berlin
Deutschland / Germany zu finden.
Ruf:  +49 (0)30 23 60 99-99 


Kunsthaus Dahlem
Käuzchensteig 8
14195 Berlin
info@kunsthaus-dahlem.de


Donnerstag, 14. Juli 2016

Tanzprojekt „Gebrochene Identität“ im Kunsthaus


Das Echo von 18 Paar über den Boden stürmenden Turnschuhen liegt noch in der Luft, als das erste Beifallklatschen und Pfeifen den meterhohen Hauptsaal zerschneidet. Hier, zwischen Jeanne-Mammen-Skulpturen, Hans-Uhlmann-Torsi und Bernhard-Heiliger-Köpfen, türmen sich verschwitzt mehrere Jugendliche im ehemaligen Staatsatelier des Bildhauers und Hitler-Günstlings Arno Breker zur lebendigen Pyramide auf. Tänzerische Abschlusspose am geschichtsträchtigen Ort.

Außer Puste, aber mit einem breiten Strahlen im Gesicht, beenden die 18 Schüler und Schülerinnen der Gail S. Halvorsen Schule Berlin-Dahlem die Endaufführung eines interdisziplinären Tanzworkshops, der sie unter der Leitung von Johanna Jörns und Christina Wüstenhagen ("Tangente Company") mitten ins Herz des Kunsthaus Dahlems führt. Gefördert wird das Projekt vom Berliner Projektfonds für Kulturelle Bildung.


Passend zur Ausstellung „Gebrochene Identität“ des Nachkriegskünstlers Joachim Gutsche erarbeiten die Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft tänzerisch ihre Biografie - Identitätsbeschäftigung einmal malerisch an den Wänden in der Galerie, einmal darstellend jeweils im Skulpturen-Garten und im Hauptsaal des Kunsthauses.  Vier Tage Vorbereitung stecken den Jugendlichen dafür in den Knochen, bis sie die Endergebnisse ihrer Auseinandersetzung am letzten Freitagabend vor Eltern, Freunden und Interessierten zeigen konnten. Mit Erfolg!


Die im Anschluss angebotene Limonade und der Flammkuchen auf der Terrasse des Kunsthaus Dahlems sind nur eine kleine Freude für das, was die Schüler und Schülerinnen aus den Tagen des Miteinanders abseits von Klassenzimmer und Schulnoten mit nach Hause nehmen: Nämlich, dass sie sich im Kollektiv fallen lassen und ihre ganz eigenen Persönlichkeiten entfalten können. Und im Zusammenhalt mit Mitschülern viel Spaß dabei haben, wie die glücklichen Gesichter und Umarmungen untereinander am Ende eindrücklich zeigen.

(Alle Fotos: Marion Borriss, 2016 / www.tanzfotografin.de)

Donnerstag, 7. Juli 2016

Ein Jahr Haus und Garten in Dahlem…

Ein Jahr “Kunsthaus Dahlem”:
Ein Jahr voller Projekte, Ereignisse und Ausstellungen.
Ein Jahr Kunst und Kultur am Rande des Grunewalds.

Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Ausstellung “Ein Haus in Dahlem” im “EIGEN+ART Lab” in Berlin-Mitte? Im Juni 2015 war das. In Anlehnung zur zeitgleichen Eröffnung des “Kunsthaus Dahlems” kamen Miriam Jonas, Antonia Low, Daniel Rode und Carsten Sievers zusammen, um die Vergangenheit unseres Ausstellungshauses für Nachkriegsmoderne künstlerisch zu vergegenwärtigen und aufzuarbeiten.

Nun, ein Jahr später, heißt es für das Kunsthaus Dahlem “HAPPY BIRTHDAY” und für die vier Künstler eine erneute Auseinandersetzung mit dem geschichtsträchtigen Ort im Käuzchensteig. Dabei heraus kamen ortsbezogene Arbeiten, die unter dem Titel “Ein Garten in Dahlem” und in Kooperation mit dem “EIGEN+ART Lab” zur Einjahresfeier am 9. Juni erstmalig zu betrachten waren - diesmal aber im Garten des Hauses selbst. Kunst im Kontext, nennt das der Kunsthistoriker.

Mit Weißwein und Salzbrezeln ließ es sich bei angenehmen 22 Grad besonders entspannt durchs Grün spazieren und auf neue Kunstwerke stoßen. Carsten Sievers 1.200 Saugnäpfe fielen an den riesigen Fenstern des zentralen Ausstellungsraumes sofort ins Auge, ebenso Daniel Rodes großformatige Textarbeit “Dann ging er” an der Fassade des Hauses. Weniger flächeneinnehmend, dafür auf der Rasenfläche angeordnet, fand sich Antonia Lows Lampenschirm mit dem Titel “Zeiss-Ikon-Spiegelleuchte” auf einem Podest angerichtet wieder, einige Meter von Miriam Jonas Werk “Abschlag” entfernt: ein auf einem ungenutzten Bronzesockel installierter Minigolfball.

Vier Arbeiten, die unterschiedlicher nicht sein könnten – und trotzdem eint sie alle die Idee, der Vergangenheit einen Hauch Leben einzuhauchen und sie neu zu interpretieren. Wo Rodes mit Worten bedruckte Leinwand beispielsweise einen direkten Bezug zu Hitler und Brekers Beziehung und deren Kommunikation aufnimmt, findet Lows Lampenschirm als sogenanntes “objét trouvé” aus dem Keller des Hauses und als einst funktionierendes Gerät Brekers subtilen Anklang an die Geschichte des Kunsthauses.  

Doch auch in den Räumlichkeiten des Kunsthauses wurden die Besucher neben den gängigen Ausstellungen “PORTRÄT BERLIN. Künstlerische Positionen der Nachkriegsmoderne 1945-1955” und “Gebrochene Identität. Malerei der 1950er und 1960er Jahre von Joachim Gutsche” mit etwas Neuem überrascht: ab 21 Uhr fand sich im hinteren Teil des Museums eine lebendige “Skulptur” wieder, ein mit Laken verhüllter Frauenkörper, diee Idee des diesjährigen Stipendiaten, Rafael Ibarra, der Bernhard-Heiliger-Stiftung.


Zwischen Heiligers Skultpuren, zwei Ausstellungen im Haus und bunten Treiben im Garten freute sich das Kunsthaus über einen gelungenen Abend!
Mehr unter: https://www.facebook.com/Kunsthaus-Dahlem-829251220436117/?fref=ts

Mittwoch, 8. Juni 2016

Einmal Gutsche, bitte!


Ein Gran Hoffnung ist in allen meinen Bildern”, hat der Berliner Künstler Joachim Gutsche einst gesagt und dabei die warmen Töne in seinen Ölgemälden vor Augen gehabt. Doch ein Gutsche wäre nicht ein Gutsche, wenn das freundliche Rot und Gelb in Werken wie “Der Hausfreund kommt mit Blumen” aus dem Jahr 1966 nicht einem wilden, schwarzen Wesen und damit einem ganz und gar bedrohlich erscheinenden Gesamtbild weichen würde.

Vielleicht ist das Zurücktreten der bunten Farben auf der Leinwand gleichsam ein reales Schwinden der Hoffnung eines Menschen, jemals wieder Vertrauen in sein Heimatland zu fassen, das ihm mehr als einmal Unrecht tat? Vielleicht. Denn wie so viele Fragen, bleibt auch diese in der Zurückgezogenheit eines ausschließlich für die Kunst lebenden Malers unbeantwortet. Über hundert Bilder hinterließ der 1926 in Zwickau geborene und 2012 verstorbene Gutsche – Bilder, die verstören, anhalten, anregen mögen, aber ganz sicher ein Zeitzeugnis der Staatlichen Paranoia des Kalten Krieges bieten.

Die DDR und Gutsche: Im Rückblick ließe sich wohl diese Phase im Leben des Künstlers vorsichtig als persönliches Un- und doch künstlerisches Glück für den damals jungen Maler aus dem Osten beschreiben. Nach der Ausbildung zum Technischen Zeichner wird Gutsche zur Marine eingezogen, gerät in englische Kriegsgefangenschaft, beginnt ein Studium an der Hochschule der Künste bei Hans Jaenisch und Hans Uhlmann – bis er eines verhängnisvollen Tages gutgläubig seinen Ostausweis an Kommilitonen verleiht, nichtsahnend, dass unter seinem Namen verbotene optische Geräte eingekauft werden. Unschuldig, plädiert Gutsche, Wirtschaftskriminialität, beharrt die DDR.

Was folgt, sind 26 Monate Gefängnis. 
Wer ihn weiterhin verfolgt, das sind die Stasi und der Verfassungsschutz.
Aufgrund unglücklicher Umstände glauben sie ihm nicht, kein Spion zu sein, weder für den Westen, noch für den Osten.
So fängt auch Gutsche an, niemandem mehr zu glauben. Flucht in die Isolation, in eine Zweizimmerwohnung in Charlottenburg und in die Kunst… 

Seine Biographie, deren Einfluss auf seine Psyche und die daraus resultierende Paranoia Gutsches finden sich in dem scheinbar impulsiven, düsteren, anthropomorphen Bildkosmos seiner Werke wieder: Zu einer angestrebten Dynamik des ganzen Bildes verzichte ich weitgehend auf eine Individualität von Menschen und versuche dem Objekt das Wesentliche zu geben”, beschreibt Gutsche seine Bilder im Herbst 1974. Sein exaltierter Malstil zeigt zerfließende Landschaften, ab und an Geschlechtsteile, und manchmal auch die Orientierungslosigkeit in einer Welt, der er den Rücken zugekehrt hat. 

Rätselhafte Motive, aber keine Hieroglyphen des Wahns“, meint der Tagesspiegel in Gutsches Nachruf dazu. Wir könnten Gutsches Kunst auch als eine Art Impfung betrachten, schreibt Jan Gerlach im Ausstellungskatalog des Kunsthaus Dahlem, als Impfung vor der permanenten Überwachung jedes Einzelnen auch heutzutage, Jahrzehnte nach dem Kalten Krieg.

Egal, wofür wir uns entscheiden, Gutsches Bilder, ihre Anonymität und Vielschichtigkeit ziehen uns in den Bann.



Unter dem Titel GEBROCHENE IDENTITÄT – Malerei der 1950er und 1960er Jahre von Joachim Gutsche sind gut ein Dutzend seiner Ölbilder und Zeichnungen derzeit in Ausstellungs-Kooperation mit dem Kulturforum Cottbus e.V in der Galerie des Kunsthaus Dahlems zu sehen - im selben Haus und ein Stockwerk tiefer sind auch die Skultpuren seines einstigen Lehrers Hans Uhlmann ausgestellt.

Bildquelle: Joachim Gutsche: Der Hausfreund kommt mit Blumen, 1966, Öl auf Leinwand, (c) Nachlass Gutsche